Allgemein,Mentale Gesundheit

„Wie komme ich mit dem Krieg in der Ukraine klar?“

ukrainische Flagge und Friedenstaube

Der Ukrainekrieg betrifft uns alle.

Nachfolgend möchte ich einige eurer wichtigsten Fragen (gestellt auf meinem Instagram-Kanal) mit euch klären.

„Wie kann ich ukrainischen Freund*innen helfen?“

Höre zu. Akzeptiere die Gefühle deines Gegenübers, ohne sie direkt klein- oder schönreden zu wollen.

Beschwichtigungen und Lapidarien wie „alles wird gut“ oder „ist schon nicht so schlimm“ zeigen der betroffenen Person nur, dass ihre Gefühle nicht ernst zu nehmen sind. Sie sind also nicht so hilfreich, wie wir es manchmal glauben.

Frage direkt, ob dein Gegenüber sich Ablenkung wünscht oder einfach reden möchte. Wünscht er / sie sich ein Gespräch, kannst du fragen, ob du lieber nur zuhören oder auch deine eigene Meinung zum Gesagten äußern sollst.

Unterstütze Betroffene dabei, sich um sich selbst zu kümmern. In Krisensituationen fällt es uns schwer, uns selbst gut zu versorgen. Unterstützung kannst du z.B. indirekt anbieten, indem du zu einem gemeinsamen Essen oder zu einem Spaziergang an der frischen Luft einlädst.

Zeige, dass du am Geschehen in der Ukraine interessiert bist. Informiere dich (zumindest grob) über die Geschehnisse, wenn du dich mit ukrainischen Freund*innen triffst. Desinteresse kann verletzend wirken.

Und das Wichtigste: Kümmere dich auch um dich selbst! Gönne dir Pausen und sag Bescheid, wenn du nicht mehr kannst. Hol‘ dir selbst Hilfe, z.B. beim Krisenchat oder Seelsorgetelefon, wenn du sie benötigst.

„Mein eigenes Leben erscheint mir gerade so sinnlos.“

Du darfst weiterhin dein Leben führen und dich auch um im Vergleich mit Krieg vielleicht nichtig erscheinende Dinge kümmern.

Es ist sogar sehr gut für dich, wenn du Routinen wie Arbeit, Schule oder Hobbys beibehältst, da diese dir Stabilität verschaffen. Da du diese Bereiche deines Lebens außerdem selbst beeinflussen kannst (im Gegensatz zu einem Krieg), stärkst du deine Psyche zusätzlich.

Unser aller Leben ist nicht losgelöst von großen Ereignissen in dieser Welt, weshalb es vielen derzeit schlechter geht – auch wenn sie selbst nicht direkt betroffen sind. Das ist also normal und kein Grund zur Sorge! Es macht Selbstfürsorge aber umso wichtiger!

Selbstverständlich darfst du dich mit dem Krieg beschäftigen, demonstrieren gehen, spenden oder Ukrainer*innen direkt helfen. Es besteht jedoch kein Grund, dein eigenes Leben aufzugeben! Damit hilfst du niemandem.

„Ich habe ukrainische Angehörige und fühle mich schuldig.“

Ganz wichtig: Diese Situation ist nicht deine schuld! Du brauchst keine Schuldgefühle zu haben, weil du in Sicherheit bist.

Versuche, deine Gedanken in Zaum zu halten und dir nicht die größtmögliche Katastrophe auszumalen.

Umgib dich mit Menschen, die dich unterstützen oder wende dich an die Telefonseelsorge (0800-1110111).

„In Anbetracht des Krieges sind meine psychischen Probleme unwichtig.“

Das extreme Leid zu sehen, das ein Krieg mit sich bringt, relativiert unsere eigenen Bedürfnisse, denn immerhin leben wir in (relativer) Sicherheit. Wir können also vielleicht einige eher unwichtige Probleme zur Seite schieben.

Deine psychische Gesundheit ist hingegen kein „unwichtiges Problem“.

Psychische Krankheiten mit dem Befinden anderer zu vergleichen, vergrößert die Belastung, unter der wir stehen, häufig nur. Es wird immer eine Person geben, der es schlechter geht als dir. Das verringert aber keineswegs dein eigenes Leid! Leiden ist kein Wettbewerb und außerdem nicht vergleichbar.

Du hast das Recht, deine Krankheit anzuerkennen und daran zu arbeiten – vollkommen unabhängig vom Geschehen um dich herum.

„Wie erkläre ich meinem Kind, was in der Ukraine passiert?“

Sei ehrlich und nutze einfache Erklärungen.

Den Krieg komplett zu verharmlosen, hilft niemandem. Sei ehrlich, wenn du beunruhigt bist. Es ist allerdings nicht notwendig, das ganze Ausmaß deiner Sorgen mit deinem Kind zu teilen – das kannst du dir für Gespräche mit anderen Erwachsenen aufheben.

Als Erklärungsbeispiel kannst du z.B. Streit zwischen Freund*innen wählen, der sehr extrem ausfällt.

Nimm die Gefühle deines Kindes ernst.

Sei aufmerksam, wie dein Kind sich momentan verhält. Einige Kinder ziehen sich zurück, andere wollen offen über ihre Sorgen reden, wenn es ihnen nicht gut geht.

Generell ist es eine gute Idee, häufiger zu fragen: „Wie geht’s dir gerade? Was beschäftigt dich?“ Beschwichtige übermäßige Sorgen deines Kindes, aber lass ihm die Möglichkeit, Ängste zu äußern, ohne diese direkt kleinzureden. Nimm diese Gefühle ernst.

Ein kleiner Tipp: Viele Kinder können ihre Gefühle besonders gut beim Malen ausdrücken. Lege deinem Kind also gerne häufiger Malutensilien bereit oder malt gemeinsam!

Vermittle deinem Kind Sicherheit.

Je nach Alter und Veranlagung deines Kindes gibt es verschiedene Strategien, de dein Kind beruhigen können. Du kannst z.B. auf einer Weltkarte zeigen, dass die Ukraine weit weg von Deutschland ist. Oder du erklärst, dass Politiker*innen auf der ganzen Welt gerade zusammenarbeiten, um diesen Krieg zu beenden. Du kannst auch erzählen, dass viele Ukrainer*innen gerade deshalb nach Deutschland kommen, weil es hier so sicher ist.

Verändere den Alltag deines Kindes nicht zu sehr, um ihm Halt zu geben und zu signalisieren, dass es in Sicherheit ist.

Setze dich gemeinsam mit deinem Kind aktiv für Geflüchtete ein.

Selbstwirksamkeit ist auch für Kinder eine Erfahrung, die Sicherheit vermittelt.

Du kannst mit deinem Kind eine Friedenskerze anzünden, ihr könnt gemeinsam für eine Organisation spenden oder direkt Geflüchtete in der Nachbarschaft unterstützen. Dafür gibt es in den meisten Großstädten ganz verschiedene Anlaufstellen!

Wenn dein Kind etwas unternimmt, indem es hilft, fühlt es sich weniger ohnmächtig (genau wie du). So helft ihr gemeinsam nicht nur Geflüchteten, sondern auch euch selbst!

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