Mentale Gesundheit

Wie du beim zweiten Lockdown die Nerven behältst

Bleibt zu Hause

Es fängt wieder an: Ab morgen wird das gesellschaftliche Leben drastisch eingeschränkt, für viele ändern sich Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten. Einige Tipps dazu, wie du dennoch die Nerven behältst, findest du hier.

Die neuen Regeln

Aufgrund stetig steigender Infektionszahlen hat die Bundesregierung neue Regulierungen beschlossen, um die Verbreitung von Corona einzudämmen.

Die wichtigsten Regeln in aller Kürze sind:

  • Bars, Restaurants, Cafés werden geschlossen (Lieferdienste bleiben geöffnet)
  • private Reisen sind verboten
  • Personen aus maximal zwei Haushalten dürfen sich treffen
  • Feiern auf öffentlichen Plätzen (z.B. in Parks) werden verboten
  • alle Einrichtungen zur Freizeitgestaltung, also z.B. Museen, Theater, Kinos und Fitnessstudios, müssen schließen
  • Groß- und Einzelhandel sowie Friseursalons bleiben geöffnet
  • Schulen und Kindergärten bleiben geöffnet

Die Probleme, die dieser Teil-Lockdown mit sich bringt

Neben finanziellen Einbußen, die z.B. Künstler und Gastronomen betreffen, aber auch viele andere Branchen, sind die Kontakt- und Ausgehbeschränkungen unter Umständen problematisch für unsere psychische Gesundheit.

Warum der zweite Lockdown schlimmer sein kann als der erste

Wir alle können uns an die Ausnahmesituation des ersten Lockdowns erinnern. Für die meisten war es eine Achterbahn der Gefühle, die von Einsamkeit, finanziellen Sorgen und vor allem der Hoffnung auf eine rasche Lösung begleitet war. Wir gingen davon aus, dass nach diesem Lockdown alles gut würde.

Nun steht uns der nächste (Teil-)Lockdown bevor.
Das ist problematisch, weil wir uns noch genau an die negativen Gefühle des ersten (Wut, Ohnmacht, Einsamkeit, Frustration etc.) erinnern und diese nun erneut erwarten. Zusätzlich wissen wir nun, dass auch nach diesem Lockdown nicht unbedingt alles gut wird. Es könnte wieder zu einer Verschlechterung der Situation kommen. Uns fehlt die Perspektive, dass all das sich wirklich „lohnt“ und in absehbarer Zeit vorbei ist.

Ein weiterer Aspekt ist die Jahreszeit, die den Antrieb mindern und bei einigen sogar saisonale Depressionen auslösen kann.

Tipps für den zweiten (Teil-) Lockdown

1. Nehme deine Gefühle wahr

Es ist nicht schön, negative Gefühle zu empfinden. Wenn du sie aber zur Seite drückst, anstatt sie wahrzunehmen, kann das zu negativen Konsequenzen für deine Psyche führen.

Nehme deine Gefühle wahr, ohne sie zu bewerten oder direkt wegschieben zu wollen.

Nimm einen Stift und ein Blatt Papier zur Hand.

Schreibe auf, wie es dir gerade geht. Sei dabei präzise. Ich empfehle ein Tool aus der Verhaltenstherapie: Schreibe zuerst deine Gedanken auf. Das kann alles sein von „Ich muss Oma noch anrufen“ bis „Wie soll ich diese Zeit finanziell nur stemmen?“. Horche dann in dich hinein: Was lösen diese Gedanken für Gefühle in dir aus? Stress, Wut, Angst…? Schreibe auch deine Emotionen auf. Spüre nach, ob du eine körperliche Reaktion mit ihnen verbindest, z.B. Magenschmerzen oder Übelkeit.

Im nächsten Schritt darfst du dich fragen, ob deine Gedanken berechtigt sind: Wird wirklich alles so katastrophal, wie du es dir vorstellst?

Was spricht dagegen?

Wir haben Glück, in Deutschland zu leben. Unser Sozial- und Gesundheitssystem sind im weltweiten Vergleich gut ausgereift. Außerdem gibt es viele gemeinnützige Organisationen und natürlich auch deine eigenen sozialen Kontakte, die dir zur Seite stehen.

2. Erkenne Zusammenhänge zwischen deinen Gefühlen und deinem Verhalten

Wenn du regelmäßig schriftlich erfasst, wie es dir geht, kannst du deine jetzigen Gefühle relativ objektiv mit den Gefühlen vergleichen, die du das letzte Mal hattest. Frage dich dann: Was hat sich verändert?

Häufig geht eine zunehmende Verschlechterung der Laune mit einem Aktivitätenabbau einher. Das heißt, wenn du z.B. nur auf dem Sofa sitzt, wird es dir vermutlich schlechter gehen als wenn du spazieren gehst, Sport treibst, eine neue Sprache lernst oder malst.

Je genauer du deine Gedanken und Gefühle aufschreibst, umso besser kannst du sie analysieren und daraufhin reagieren.

Du kommst morgens schlecht aus dem Bett? Dann nimm dir für den nächsten Tag direkt eine schöne Aktivität vor, die du nach dem Aufstehen genießen kannst!

Dir ist langweilig? Fertige eine Liste mit Aktivitäten an, die dir Spaß bereiten. Das kann alles sein von duschen über tanzen und kochen bis hin zu Telefonaten mit der besten Freundin. Wann immer dir langweilig ist, schau dir die Liste an und mache etwas davon. (Spezialtipp: Vielleicht findest du auch einen Themenbereich, der dich interessiert und in dem du dich weiterbilden möchtest? Du kannst Bücher über Dinosaurier lesen, Onlinekurse zu gesunder Ernährung absolvieren usw. usw.!)

3. Plane deinen Tagesablauf

Eine fehlende Struktur führt zu Antriebslosigkeit. Je mehr Struktur du deinem Tag geben kannst, umso besser!

Wenn du viel Zeit hast, kannst du einfach eine to-do-Liste für den nächsten Tag schreiben: Was möchtest du erledigen? Sei großzügig und schreibe möglichst viel auf, was leicht zu schaffen ist. Wäsche waschen, eine halbe Stunde Sport, ein Spaziergang im Wald, ein Buch lesen. Es geht nicht um eine to-do-Liste für die Arbeit sondern um eine, die dir helfen soll, dich gut zu fühlen, also schreibe auch Aktivitäten auf, auf die du dich freuen kannst!

Je mehr du aufschreibst, umso mehr kannst du abhaken. Und das steigert deine Selbstwirksamkeitserfahrung. Ist es nicht toll, zehn Dinge an einem einzigen Tag erledigt zu haben? Sei stolz auf dich!

4. Mache Pläne für die Zeit nach dem Lockdown

Was möchtest du unbedingt erleben? Möchtest du nach Disneyland, die Bahamas sehen, eine Bootstour machen, einen Volkshochschulkurs absolvieren, Paartanz lernen..?

Du kannst zwar nicht genau planen, wann du dir deine Träume erfüllst, aber du kannst ganz genau planen, was du gerne tun möchtest. Und dann darfst du dich darauf freuen!

Worauf du generell achten solltest

  • Achte auf deine Ernährung. Gönne dir Vitamine, dein Körper braucht diese besonders in belastenden Situationen!
  • Kümmere dich um deine sozialen Kontakte. Das geht auch über die Entfernung durch Telefonanrufe, Briefe oder Social Media. Ihr könnt einander Halt bieten und Gefühle der Einsamkeit treten nicht auf, wenn du dich jemandem verbunden fühlst – auch wenn dieser Jemand gerade nicht physisch bei dir ist.
  • Gehe an die frische Luft. Je mehr du dich der Sonne aussetzt, desto besser ist deine Laune.
  • Beweg deinen Körper. Es kann sich um Homeworkouts, Joggen, Yoga oder einfach „nur“ Stretching handeln. Durch körperliche Betätigungen produziert der Körper mehr Glückshormone.
  • Behalte deinen Medienkonsum im Blick: Versuche, nicht nur am Smartphone oder vorm Fernseher zu hängen.
  • Wenn Nachrichten über das Virus dir Sorgen bereiten, dann schränke deinen Zugang zu Nachrichten ein! Du musst dich nicht nonstop mit Corona auseinandersetzen. Es ist okay, die Nachrichten nicht zu schauen, keine Zeitung zu lesen und die Push-Mitteilungen auf deinem Smartphone auszustellen. Wenn Corona-Updates dich belasten, dann gehe ihnen möglichst aus dem Weg.
  • Halte deine Wohnung sauber und ordentlich. Du verbringst viel Zeit hier also schau, dass es sich um einen schönen Ort handelt, an dem du gerne bist!
  • Hobbys und Interessen sind wichtig und hilfreich. Wenn du schon immer backen, Hebräisch oder stricken lernen wolltest, dann fang doch am besten jetzt direkt damit an! Und sei stolz auf deine Fortschritte!

Einige Self-care-Ideen

  • Meditiere. Dazu kannst du auch Youtubevideos oder Apps wie z.B. Insighttimer benutzen (unbezahlte Werbung).
  • Mache Entspannungs- und Atemübungen. Atme tief ein und aus. Auch hierzu findest du im Internet Anleitungen.
  • Dreh‘ deine Lieblingsmusik auf und tanze wild herum. Achte darauf, was dein Körper intuitiv machen möchte. Du musst dabei nicht gut aussehen, du tanzt nur für dich selbst!
  • Dekoriere deine Wohnung (neu) und lass deiner Kreativität freien Lauf!
  • Entdecke das Kind in dir (wieder): Hast du Lust auf basteln oder Plätzchen backen?

Das Wichtigste zum Schluss: Während dieser Ausnahmezeit musst du dich vor niemandem rechtfertigen! Du musst nicht immer nur produktiv sein!

Du darfst Dinge tun, einfach weil sie dir Spaß machen – ohne dass du sie letzten Endes nutzt, um damit Geld zu verdienen, sie im Lebenslauf anzugeben o.ä..

Entdecke, was dir gut tut. Verurteile dich nicht dafür, wenn du auch mal „gar nichts“ getan hast. Ein Lockdown ist eine kräftezehrende Situation. Ich wurde in letzter Zeit häufig gefragt: „Warum bin ich denn so müde? Ich mache doch gar nicht so viel..?“ Manchmal geht es nicht um das, was man tut. Sondern um das, was da ist. Und wir befinden uns in einer für uns alle ungewohnten, sehr speziellen und dramatischen Situation: Es ist absolut normal, erschöpft zu sein. Gönne dir die Ruhe, die dein Körper braucht, um (alleine schon das Wissen um) die Pandemie zu verarbeiten.

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