Mentale Gesundheit,Selbstliebe und Selbstbewusstsein

Nein sagen lernen in 4 einfachen Schritten

Mann trägt viele Kisten

Etwa mit zwei Jahren beginnen kleine Kinder, auf fast jede elterliche Aufforderung mit einem „Nein“ zu reagieren. Und dennoch fällt es vielen Erwachsenen schwer, dieses Wort zu benutzen.

Wie du deine Grenzen setzen und wieder „nein“ sagen lernen kannst, erfährst du hier.

Schritt 1: Herausfinden, warum es dir schwer fällt, nein zu sagen

Der Grund, aus dem wir zu oft „ja“ sagen auch wenn wir „nein“ meinen, liegt – wie so gut wie alles – häufig in unserer Vergangenheit. Eine Bitte abzulehnen, ist häufig mit der Angst verknüpft, dadurch selbst abgelehnt zu werden.

Um erfolgreich Grenzen setzen zu können, solltest du zuerst herausfinden, was dich ausbremst. Was steckt hinter deiner Angst, nein zu sagen?

Einige mögliche Gründe:

  • die Angst, als Person abgelehnt zu werden: Wenn wir einer Bitte nicht nachgehen, erfüllen wir nicht die Erwartungen, die eine andere Person uns gegenüber in diesem Moment stellt. Häufig haben wir Angst, dass diese Enttäuschung darin resultiert, dass der andere uns nicht mehr mag. Ein Gedankenanstoß dazu: Nicht jeder muss dich mögen – das ist sogar unmöglich! Und Menschen, die dich nur mögen, weil du ihnen nützt, sind Menschen, die du nicht in deinem Leben brauchst!
  • die Angst, als egoistisch wahrgenommen zu werden: Für andere da zu sein ist tief in unserem Wertesystem verankert. So tief, dass wir lieber zustimmen als unsere eigene Meinung zu vertreten, um bloß nicht als egoistisch wahrgenommen zu werden. Doch selbst wenn jemand dich als egoistisch bezeichnet, weil du seinem / ihrem Wunsch nicht nachkommst, bist du es noch lange nicht! Wer ist denn egoistisch, weil er / sie jemand anderen zu etwas überreden möchte, dass diese andere Person eben nicht möchte..? Wenn du wirklich unsicher bist, ob du egoistisch bist, frage eine dir nahe stehende Person! Wir legen an uns selbst nämlich gerne unerreichbare Maßstäbe an, die wir anderen nicht aufbürden würden. Und diese nicht zu hundert Prozent zu erfüllen, macht uns nicht zu schlechten Menschen! Die meisten Schuldgefühle, dir wir uns machen, sind absolut haltlos und sinnlos.
  • die Angst, vor negativen Konsequenzen: Diese zeigt sich besonders im Beruf, wenn du Angst hast, deinen Job zu verlieren, sobald du etwas ablehnst. Versuche, die Situation objektiv zu betrachten: Kannst du dir erlauben, ab und zu „nein“ zu sagen? Du wirst sehen, dass das viel häufiger der Fall ist als du denkst! Außerdem hast du schon eine Menge anderer Konflikte in deinem Leben gemeistert. Selbst wenn einer auftritt, hast du also die Möglichkeit, diesen zu bewältigen.
  • die Angst, etwas zu verpassen: Dieser Aspekt zeigt sich besonders im Sozialleben bzw. in der Freizeit. Wenn du keine Verabredung ablehnen und keine Veranstaltung versäumen möchtest, kann das daran liegen, dass du Angst hast, etwas Großartiges zu verpassen. Das wird erst dann zum Problem, wenn dir Zeit und / oder Energie fehlen, um all deine Vorhaben umzusetzen. In dem Fall darfst du dich fragen: Was ist mir wichtig? Setze Prioritäten und lehne auch mal eine Einladung ab. So erhältst du mehr Selbstständigkeit und vor allem mehr Freiraum, den du anderweitig nutzen kannst.
  • das Bedürfnis, gebraucht zu werden: Vielen Menschen tut das Gefühl gut, gebraucht zu werden (mir auch 😉 ). Es ist schön, anderen zu helfen. Das ist per se kein Problem sondern entwickelt sich nur dann zu einem, wenn du selbst dabei auf der Strecke bleibst. Auch hier gilt: Setze deine Prioritäten! Vielleicht engagierst du dich nur noch einmal pro Woche ehrenamtlich oder explizit nur dann, wenn du gerade Lust darauf hast? Das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Es eröffnet dir die Freiheit, selbst wieder zu Kräften zu kommen.

Es können mehrere Faktoren eine Rolle spielen, wenn du einfach nicht nein sagen kannst. Sie können auch situationsabhängig wirken.

Wenn du etwas ablehnst, kannst du die von dir entlarvten Gründe einbeziehen. Somit validierst du vor dir selbst deine Entscheidung und gibst deinem Gegenüber einen Einblick in deine Begründung.

Bsp.:
„Ich helfe dir wirklich immer gerne, aber dieses Wochenende brauche ich Zeit für mich.“
„Ich kann heute nicht länger arbeiten, tut mir leid. Ich möchte mir dafür auch keine Schuldgefühle machen müssen. Ich mache häufig Überstunden, heute Abend habe ich aber etwas anderes geplant.“
„Ich verbringe sehr gerne Zeit mit euch, muss aber noch etwas anderes erledigen. Vielleicht kann ich beim nächsten Mal wieder dabei sein!“

Schritt 2: Gib dir Bedenkzeit

Anstatt sofort zu reagieren, kannst du dir in den meisten Situationen etwas Bedenkzeit nehmen. Kommuniziere das klar mit deinem Gegenüber: „Darüber muss ich einen Moment nachdenken!“

Wenn du eine kleine Pause einlegst und auf deinen Bauch hörst, merkst du schneller, wie du dich wirklich entscheiden möchtest. Außerdem erkennt dein Gegenüber, dass du die Angelegenheit ernst nimmst und dir Gedanken machst.

Reicht dein Bauchgefühl nicht aus, kannst du dir folgende Fragen stellen, die dir helfen, dich zu entscheiden: Worum genau werde ich gebeten? Wie viel kraft und Lust habe ich? Muss ich „leiden“, wenn ich der Bitte nachkomme? Wie stehe ich zu der Person, die mich um einen Gefallen bittet? Wie oft habe ich ihr schon geholfen und wie oft hat sie mir schon geholfen?

Wichtig ist auch: Ein Ja zu etwas ist immer ein Nein zu etwas anderem! Wenn du z.B. zu den Überstunden ja sagst, sagst du damit nein zu einem freien Abend. Es gibt also bei jeder Entscheidung sowieso ein „Nein“ und dieses Wort muss dir keine Angst machen. Finde lieber heraus, welche Entscheidung für dich selbst besser ist.

Schritt 3: Begründe ehrlich deine Entscheidung

Dieser Schritt ist eigentlich ein automatisches Ergebnis der beiden ersten Schritte. Anstatt deinem Gegenüber nur patzig „nein“ zu sagen, ist es sinnvoll, deine Entscheidung zu begründen. Je persönlicher die Begründung ist, umso weniger Gegenwind hast du zu erwarten. Das heißt, wenn du deine Gefühle einbeziehst oder z.B. deine persönlichen Kraftreserven, kann dein Gegenüber gar nicht anders, als deine Entscheidung zu verstehen. Sage explizit „Ich fühle mich zu müde / ausgelaugt…“. Deine Gefühle sind deine Gefühle. Niemand kann sie kontrollieren und niemand kann sie dir absprechen. Sie sind also der perfekte Grund, etwas abzulehnen, wenn du Konfrontationen vermeiden möchtest.

Trotzdem Angst vor einer möglichen Konfrontation? Du kannst auch in die Metakommunikation gehen. Das ist ein Tool aus dem NLP. Du sprichst einfach klipp und klar aus, was dir Angst macht.

Bsp.: „Du, Anna, ich möchte dich wirklich nicht enttäuschen und ich habe Angst, dass du mir meine Entscheidung übel nimmst. Es fällt mir gerade sehr schwer, nein zu sagen, aber dein Vorschlag passt mir gar nicht.“

Schritt 4: Das Nein in die Tat umsetzen

Lerne, „nein“ zu sagen, indem du es erst in weniger wichtigen Situationen probierst. Je häufiger du nein sagst, desto leichter geht es dir über die Lippen. Später kannst du es problemlos auch in wichtigeren Settings anwenden. Wichtig ist: Bleibe bei deiner Entscheidung! Sie ist sorgfältig überlegt und du hast jedes Recht, sie zu treffen. Lass dich nicht beirren.

Was mir da sehr geholfen hat, ist folgende Einsicht: Ein „Ja“ zu etwas ist immer auch ein „Nein“ zu etwas anderem! Wenn du also z.B. dem Kollegen etwas Arbeit abnimmst, sagst du zwar Ja zu ihm aber Nein zu einem gemütlichen Abend mit Partner/in und Kindern.

Übrigens: Eigene Grenzen zu setzen und durchzusetzen (also „nein“ zu sagen), kann dazu führen, dass du selbstbewusster wirst! Toll, oder? Es lohnt sich also gleich doppelt! 😉

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