Wir landen häufig in Beziehungen, die nicht so ausfallen, wie wir sie uns als Kinder erträumt haben. Unsere Partner*innen genügen manchmal nicht unseren Ansprüchen – oder doch?
Wann ist jemand „gut genug“? Und wann nicht? Ist meine Freundin die Liebe meines Lebens? Ist mein Partner gut genug?
„Gut genug“ ist sehr negativ konnotiert, da es sehr nach Mittelmaß klingt. Vielleicht hast du keine Schmetterlinge im Bauch und wunderst dich deshalb, ob deine Beziehung genügend Gefühle beinhaltet.
Schmetterlinge im Bauch sind nicht immer etwas Gutes
Zuerst möchte ich mit einer Binsenweisheit aus Hollywoodfilmen aufräumen: Du brauchst keine „Schmetterlinge im Bauch“ zu fühlen, um in einer tollen Beziehung zu sein.
Diese kleinen Krabbelviecher sind nämlich nicht nur ein Anzeichen von Verliebtheit, sondern können (mindestens genauso oft!) ein Anzeichen von innerer Anspannung, Aufregung oder gar Angst sein. Das sind Gefühle, die wir häufig aus vorangegangenen negativen oder gar toxischen Beziehungen kennen.
Manchmal warnt uns also unser Körper sogar. Er sagt: „Stopp! Etwas stimmt nicht“ Und wir miss-interpretieren diese Warnungen als Verliebtheitsgefühle.
Unsere Idealisierungen von romantischen Beziehungen
Ein*e Partner*in sollte uns immer wieder positiv überraschen, unseren Idealvorstellungen nicht nur entsprechen, sondern sie übertreffen, wir sollten nicht genug von ihm / ihr bekommen…All diese Ideen kennen wir aus Filmen.
Sie haben in den seltensten Fällen mit der Realität zu tun.
In Filmen gibt es höchstens auf dem Weg zur Beziehung ein paar Missverständnisse und Streits. Und Filme enden oft mit einer Hochzeit oder zumindest damit, dass die Hauptcharaktere zueinander finden. Wir als Zuschauer*innen denken uns: Oh super, so muss eine Beziehung aussehen – und meinen damit diesen kurzen Idealzustand kurz vor Filmende. Doch die Realität ist natürlich anders, denn unsere Beziehungen beginnen ja erst, wenn wir zusammen kommen. Wenn es dann zu Streits und Uneinigkeiten kommt, kann man sich schonmal wundern, da dies nicht dem Hollywoodbild entspricht.
Die wichtigen Qualitäten einer guten Beziehung
Wir können die perfekte Beziehung mit jemandem führen, der nicht all unsere Ansprüche abdeckt. Je mehr Beziehungserfahrungen wir sammeln, umso mehr können wir herausfinden, welche Qualitäten uns wirklich wichtig sind. Häufig fallen irgendwann Ansprüche ans Aussehen oder den Job weg. An dieser Stelle könnte man sich fragen: Ist jemand gut genug, wenn ich vorher viel besser aussehende oder reichere Partner*innen hatte?
Vergleiche vergiften Beziehungen. Vielleicht konnte dein*e Ex besser kochen, sich besser kleiden oder besser singen – doch diese Vergleiche bringen dich in deiner jetzigen Beziehung nicht weiter. Wenn du glücklich sein möchtest, schau dir deine Beziehung an und finde heraus, was dich stört und was sich verbessern lassen könnte, damit du dich wohler fühlst. Ziehe dafür keine anderen Beziehungen oder Menschen als Vergleiche hinzu!
Übrigens: Obwohl Qualitäten wie Aussehen, Vermögen oder Intelligenz wissenschaftlich messbar sind, sind diese genau diejenigen, die am wenigsten wichtig für eine gelingende Partnerschaft sind (Frankfurt 1987, 39-41). Der Erfolg von Beziehungen und das Glück, das sie uns bescheren, hängen vielmehr von den realen Interaktionen ab, die wir mit unseren Partner*innen haben. Dazu gehört generell ein gesunder Kommunikationsstil, aber auch erfüllende Sexualität, gemeinsame Werte und Zukunftsvorstellungen.
Passen wir zusammen?
Um diese Frage zu beantworten, nimm dir einen Stift, ein Blatt und ein paar Minuten Zeit. Schreibe auf, was für dich in einer Beziehung am wichtigsten ist. Das ist nämlich sehr individuell. Ein paar Beispiele: Treue, Unterstützung, Warmherzigkeit, Offenheit, Abenteuerlust, Verlässlichkeit, gemeinsamer Kinderwunsch, regelmäßige Sexualität, Geld…
Nun kannst du ganz einfach abhaken, welche dieser Ansprüche dein*e aktuelle*r Partner*in erfüllt. Vielleicht merkst du dabei, dass einige deiner Werte auch doch nicht so wichtig für eine Beziehung sind, wie du dachtest. Oder du merkst, dass etwas Essenzielles für eine gemeinsame Zukunft fehlt. Oder du merkst, dass dein*e Partner*in alle deine Ansprüche (relativ) erfüllt.
Aber jemand hat mehr XYZ in seiner / ihrer Beziehung…
Es gibt einen Unterschied zwischen „er / sie hat mehr als ich“ und „ich habe genug“. Die erste Aussage bezieht sich auf ganz andere Personen, die vermutlich auch ganz anders sind als du. Dementsprechend ist das, was sie haben, auch nicht unbedingt das, was du brauchst.
Wenn du anerkennen kannst, dass du selbst „genug“ hast und dass dein*e Partner*in „genug“ ist, kannst du dich fallen lassen. Dabei darfst du bzw. dürft ihr dennoch weiterhin an einer Verbesserung der Beziehung arbeiten.
Wenn du zufrieden mit deiner Beziehung bist, bist du automatisch glücklicher, da Zufriedenheit mit Glücksgefühlen einhergeht.
Wenn du akzeptierst, dass er / sie „genug“ ist, erkennst du außerdem auch das, was für dich selbst in einer Beziehung am wichtigsten ist.
Wer dich auf jeden Fall glücklich machen wird
Du selbst.
Wenn du eine*n perfekte*n Partner*in suchst, damit diese*r dich glücklich macht, bist du leider auf dem Holzweg. Egal welche Qualitäten dein*e Auserwählte*r hat: Er / sie ist nicht für dein Glück verantwortlich und nicht in der Lage, deine komplette Gefühlswelt langfristig zu verbessern.
Forschungen aus der Glückspsychologie konnten z.B. zeigen, dass Paare zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit wortwörtlich eine Hoch-Zeit erlebten und glücklicher waren als Singles. Doch nur wenige Monate danach war ihr Glückslevel auf demselben Stand wie das einer ledigen Person.